In diesem Buch wird der Versuch gemacht, die Anfänge der Evangelien bis zum jeweiligen ersten öffentlichen Auftritt Jesu mit den Augen eines heidnischen Zeitgenossen der Evangelisten zu lesen. Dieser etwas jüngere Zeitgenosse ist Plutarch, der eigens vorgestellt wird und dessen Biographien und sonstige überlieferte Schriften ausgiebig zum Verständnis herangezogen werden. Dadurch rückt auch die Frage der "Mythen" in den Evangelien in ein neues Licht, und der Porträtcharakter dieser Biographien tritt deutlich hervor. Der sorgfältige Vergleich der Synoptiker untereinander und dieser wiederum mit Johannes soll die Unterschiede akzentuieren, aber auch die Einheitlichkeit des Gesamtporträts aufzeigen. Auf diese Weise lässt sich die Perspektivität der vier Porträts schärfer erfassen als bisher. Auch die Frage der historischen Zuverlässigkeit der Evangelien kann so differenzierter beantwortet werden.
Aus den tiefen Brunnen der Vergangenheit schöpfen, um die Gegenwart zu verstehen und in gottgefälliger Menschenfreundlichkeit mitzugestalten - um diese Konzeption einer kontextuellen Bibelwissenschaft geht es hier. Religionsgeschichtliche Fragen werden integriert, um das Fremde, Störende und Horizonteröffnende neutestamentlicher Literatur herauszuarbeiten, und Religionsgeschichte, Exegese und Pastoral zu drei-einigen Aspekten einer neuen Bibelwissenschaft zu machen.