Albert Minder (1879-1965) hat als Erster in der Schweiz das Leben seiner heimatlosen Vorfahren erforscht und erzählt. Seine Familiengeschichte bietet anschauliche Einblicke in eine nichtsesshafte Kultur und beschreibt die Armut in der Schweiz des 19. Jahrhunderts. Eindringlich und mit Humor erzählt, ist die 'Korber-Chronik' ein wichtiges Zeugnis einer literarischen Selbstermächtigung. Sie behandelt so zeitlose und aktuelle Themen wie Herkunft, Familienbande, Arbeit und Armut. Mit Minder lässt sich eine Geschichte der Schweiz 'von unten' entdecken: Er gibt fahrenden Heimatlosen und Siedlerfamilien im Berner Seeland eine Stimme, beschreibt aber auch den Überlebenskampf der armen Stadtbevölkerung in Bern und Burgdorf sowie die Arbeitswelt im Gefängnis und in Tabakfabriken. Indem er seine privaten Erinnerungen mit den politischen Ereignissen der Zeit verknüpft, schafft er ein lebendiges Bild des 19. Jahrhunderts. Erstmals 1947 erschienen, wird die 'Korber-Chronik' durch diese Neuausgabe wieder greifbar. Ergänzt wird der Band durch Gedichte und einen Auszug aus Albert Minders erstem Buch 'Der Sohn der Heimatlosen' von 1926. Ein Stellenkommentar und Nachworte der Herausgeberinnen erschliessen die historischen und biografischen Zusammenhänge. Eine Dokumentation zur Wirkungsgeschichte und zahlreiche Abbildungen runden den Band ab. Dabei erweitert sich das Panorama auf das 20. Jahrhundert: Albert Minder tritt als engagierter Vertreter einer Schweizer Arbeiterliteratur in Erscheinung.
Los Angeles in den 1940er-Jahren: Die Westküste ist ein Traumort, die Exilanten aus Europa trauen ihren Sinnen nicht, das Farbenspiel, das Licht, das Meer. Hier sind sie alle gestrandet, die im Deutschland der Nationalsozialisten keine Heimat mehr haben oder haben wollen: Arnold Schönberg, Vicki Baum, Theodor W. Adorno, Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger, Helene Weigel, Max Horkheimer, Hanns Eisler, Franz und Alma Werfel und allen voran: Thomas Mann. Sie feiern, reden sich die Köpfe heiß, langweilen sich, streiten darum, wie ein demokratisches Deutschland nach Hitler aussehen könnte. Thomas Mann ist der König der Emigranten, bewundert, beneidet, angefeindet. In seinem Haus in Pacific Palisades will er im Doktor Faustus die genuin deutschen Wurzeln des Nationalsozialismus ans Licht bringen. Und fügt sich in die Rolle einer Galionsfigur des guten Deutschlands. Atmosphärisch dicht und lebensnah erzählt Martin Mittelmeier von den Hoffnungen, Begegnungen, Anfeindungen und Triumphen des Nobelpreisträgers, der sich unter Palmen fragt, was das ist und wie das gehen könnte: deutsch zu sein, Kunst zu machen und die Menschen zu lieben. Die Sonne von Südkalifornien gibt für Martin Mittelmeier die ideale Beleuchtung ab, um mit großer Leichtigkeit die schweren Fragen von Kunst und Politik zu stellen. PHILIPP FELSCH
Mit Wärme, sprachlicher Kraft und feinem Witz erzählt Katharina Hagena von drei Menschen, drei Schicksalen - und zwölf Frühsommertagen an der Elbe, die alles verändern. 'Flusslinien' ist ein so bewegender wie vielschichtiger Generationenroman über das Leben mit den Wunden, die uns zeichnen, und die Frage, wie man lernt loszulassen, zu vertrauen und weiterzuatmen.
Margrit Raven ist hundertzwei und wartet auf den Tod. Früher war sie Stimmbildnerin, jetzt lebt sie in einer Seniorenresidenz an der Elbe. Jeden Tag lässt sie sich von dem jungen Fahrer Arthur in den Römischen Garten bringen. Dort, mit Blick auf den Fluss, erinnert sie sich: an ihre Kindheit, den Krieg, ihre Liebhaber und an das, was sie über die einstige Gärtnerin dieses Parks weiß, Else, die große Liebe ihrer Mutter.
Die Erinnerungen halten Margrit am Leben - und die Besuche ihrer zornigen Enkelin. Luziehat sich kurz vor dem Abitur von der Schule abgemeldet und übernachtet nun allein in einer Hütte an der Elbe. Während sie Margrit, deren Mitbewohner und sich selbst im Keller der Seniorenresidenz tätowiert, versucht sie, Stich für Stich, ihre Kraft und ihr Leben zurückzugewinnen.
Und dann ist da noch Arthur. Wenn er gerade niemanden zur Dialyse fährt, sucht er mit einer Metallsonde den Strand ab, erfindet Sprachen, kämpft für gefährdete Arten und ringt mit einer Schuld.
Um nicht vom Strom der eigenen Erinnerungen fortgerissen zu werden, müssen sich die drei auf sich selbst besinnen. Und aufeinander einlassen.
Ein Aufwachsen mit dem Zauber und der Kraft der Musik - und die Geschichte einer Freundschaft, deren Innigkeit zerstörerisch ist. Die Ausnahmemusikerin Sophie Hunger schenkt uns einen so abgründigen wie poetischen, einen tragikomischen und raffinierten Coming-of-Age-Roman, der davon erzählt, was wir verlieren müssen, um etwas zu werden.
Ein Mädchen und ihr bester Freund Niemand. Als Kinder von Militärattachés ist ihr Aufwachsen geprägt von ständigen Ortswechseln. Vom Rhythmus der Musik getragen erleben sie Magie und Erschütterungen von Kindheit und Jugend. Am glücklichsten sind sie, wenn sie sich in ihrer Plattensammlung verlieren, wenn sie im Atlas die Welt nach Bandnamen neu kartografieren, wenn sie im Klavierunterricht Dezibelangaben herausbrüllen oder in Songs die Sätze finden, die schon immer in ihnen gelauert haben. Sie verstecken sich in der Musik und werden von ihr versteckt, aber immer haben sie einander.
Doch dann bekommt die Freundschaft Risse. Während Niemand eine Obsession für die Volkskunde der Walserinnen entwickelt, von denen die Erzählerin abstammt, und während sie selbst erste eigene Lieder schreibt, bahnt sich eine Katastrophe an.
Sophie Hunger gelingt es auf beeindruckende Weise, ihre besonderen Qualitäten als Songwriterin in einen vielschichtigen und bewegenden Roman über das Werden, die Freundschaft und das Elementare der Musik zu verwandeln.
In der kleinen schottischen Stadt Stromness auf den Orkney Inseln lebt Paul, ein Schweizer Dekorateur und Inneneinrichter. Als er von einem Design-Magazin einen obskuren, aber lukrativen Auftrag aus Norwegen erhält, begibt er sich auf eine Reise, die ihn an die Grenzen seiner Welt und weit darüber hinaus führt.
Christian Krachts Roman aus dem Geiste einer radikalen Romantik erzählt eine faszinierende Geschichte vom Hier und vom Dort und katapultiert uns aus unserem Jetzt, aus unserer spätmodernen, leerlaufenden Zivilisation in eine gleißende, verspiegelte Landschaft der Literatur. Unser Leben: ein Traum.
Der große Erfolgsroman aus Frankreich: Top-Ten-Bestseller, preisgekrönt, begeisterte Kritik.
Florenz im 16. Jahrhundert. Der Maler Jacopo da Pontormo wird tot aufgefunden, mit einer Schere erstochen liegt er zu Füßen seines unvollendeten Freskos in der Kapelle San Lorenzo. Seit elf Jahren hat er daran gearbeitet, keiner durfte es sehen, außer Michelangelo, der Pontormo als großen Künstler verehrt. Seltsamerweise wurden Teile des Freskos übermalt - warum und von wem? Hinzu kommt der Diebstahl des Gemäldes Venus und Cupido, oftmals kopiert, so auch von Pontormo. Es war im Besitz des Herzogs von Florenz, Cosimo de¿ Medici, und der Kopf der nackten Göttin ist eindeutig als derjenige der Herzogstochter Maria zu identifizieren. Aufruhr im kriegsgeschüttelten Florenz, Briefe schwirren umher, jeder schreibt jedem über den sensationellen Fall. Wer hat Pontormo getötet, und wo ist das skandalöse Gemälde geblieben?
'Die große Stärke dieses Buches liegt darin, dass es eine comédie humaine ist. Eine mitreißende und sehr bereichernde Lektüre.' Libération
'Ein ausgezeichnetes Buch!' Le Monde
'In einer klassischen, lebendigen Sprache geschrieben, hochaktuell, ohne anbiedernd zu sein. Das kommt in diesem Jahr nicht häufig vor.' Figaro
Zum 150. Todestag: Kat Menschik illustriert die schönsten Märchen von Hans Christian Andersen.
Die Prinzessin auf der Erbse, Das hässliche Entlein. Allein die Namen der zeitlosen Geschichten des dänischen Märchenerzählers H. C. Andersen wecken Kindheitserinnerungen und lösen tiefe Emotionen in uns aus. Wir begegnen mit Faszination und leichtem Grusel einem Hund mit tellergroßen Augen, lassen uns vom Gesang einer Nachtigall verzaubern und haben tiefes Mitgefühl für ein Mädchen, das sich in größter Not mit ihren leuchtenden Schwefelhölzern Momente des Glücks verschafft.
Kat Menschik hat einige sehr bekannte Lieblingsmärchen ausgesucht, aber auch ungewöhnliche, wie Die Schnecke und die Rosenhecke. Die frühesten Illustrationen dieses Bandes entstanden, als sie ihr erstes Buch machte: Als 16-Jährige illustrierte sie für ihre Mutter Das Feuerzeug und band das Ganze als Buch (Auflage: 1 Exemplar).
Neben diesem Illustrationsfeuerwerk aus 40 Jahren enthält dieser 19. Band der Lieblingsbücher als weitere Besonderheit eine Puppenspielfassung von Die Nachtigall.
Vier Frauen, vier Leben und die Sehnsucht nach Sichtbarkeit, Liebe und Selbstbestimmung. Der lang erwartete neue Roman von Chimamanda Ngozi Adichie. Spiegel-Bestsellerautorin, literarischer Superstar und feministische Ikone.
Chiamaka ist Reiseschriftstellerin, navigiert zwischen ihrer nigerianischen Heimat und ihrem amerikanischen Zuhause und versucht, sich im Rückblick auf die Männer ihres Lebens zu erklären, wann genau ihr ihre Träume abhandengekommen sind.
Zikora ist Anwältin und lebt in Washington D. C. Sie hat Erfolg und sich schon vor langer Zeit von ihrer Mutter distanziert; bis sie - plötzlich selbst Mutter und alleinerziehend - merkt, wie nahe sie ihr in ihrer vermeintlichen Schwäche ist.
Omelogor lebt in Nigeria. Als Bankerin hilft sie, Korruption zu verschleiern, aus Idealismus versucht sie, Frauen und ihre Unternehmen zu fördern. Doch eines Tages kündigt sie ihren Job, um in den USA zu studieren.
Kadiatou ist Chiamakas Haushälterin. Außerdem arbeitet sie in einem Hotel, wo ein mächtiger Gast sie schwer belästigt. Ein entwürdigender Prozess von Beweisaufnahme und Verfahren beginnt, in dem alles im Zentrum steht, nur nicht Kadiatous Schicksal.
Mitreißend, dringlich und klug spannt Chimamanda Ngozi Adichie über Kontinente hinweg die Geschichten von vier Frauen, die einander immer wieder die Hand reichen, und erzählt wie keine andere von existentieller weiblicher Erfahrung, die oft in den ganz kleinen Augenblicken zutage tritt: im Schwangerschaftstest auf dem Badewannenrand, in Tagträumen nach einem Augenkontakt im Flugzeug, im Warten auf einen Anruf oder im Moment plötzlich zusammengenommenen Mutes. Ein wegweisender, gegenwärtiger Roman über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Frauen in einer Welt, die es immer noch schwer macht, sich zusammenzutun. Zehn Jahre nach dem Weltbestseller 'Americanah' der neue große Roman von Chimamanda Ngozi Adichie.
Unbemerkt von den Büromenschen hinter den Fenstern umkreisen tausende Zugvögel das trügerische Licht des Wolkenkratzers in Manhattan. Ein Scharlachkardinal löst sich aus der erbarmungslosen Falle, zieht gen Süden über die Wunden hinweg, die der Mensch in die Erde geschlagen hat, Plantagen, Mauern, Gefängnisse. In einer Küche weit unter ihm wird ein Käferweibchen mit dem ersehnten Mangold verpackt und weckt hunderte Kilometer weiter Erinnerungen, während in den lauten Straßen Bogotás zwei Hündinnen vor dem Alleinsein flüchten.
Zahllose Wesen fliegen, kuscheln, kriechen, knurren und werden im Verborgenen Zeuge menschlicher Krisen und Hoffnungen. Aus einzigartiger Perspektive lässt uns María Ospina Pizano den amerikanischen Kontinent als zusammenhängenden Organismus begreifen.
»María Ospina Pizano versteht es, über die Welt der Tiere zu sprechen, ohne die Menschen zu vergessen, und das in einer Prosa, die Momente bemerkenswerter Tiefe und Offenbarung kreiert. Für kurze Zeit nur hier eröffnet der lateinamerikanischen Literatur zahlreiche neue Wege.«Von einer Gegenwart, die gern mehr über ihre Zukunft wüsste. Der neue Roman von Jonas Lüscher Ein algerischer Soldat gerät in den ersten deutschen Giftgasangriff, beschließt, einer müsse damit aufhören, steht auf und geht. Im Kairo der Zukunft beobachtet eine Stand-up-Comedian eine Androidin beim Lachen über ihre Witze. Ein böhmischer Weber wird durch einen automatisierten Webstuhl ersetzt, raubt einen Hammer und attackiert den Apparat. Wovon träumen wir Menschen des Kapitalismus, wovon unsere sich zunehmend gegen uns erhebenden Maschinen? Im einzigartigen Spiegelraum dieses Romans ist kein Konflikt vorbei und noch jede Geschichte möglich. Klug und irrsinnig, komisch und scharf erzählt Jonas Lüscher auf der Höhe seiner Kunst.
Die aktuelle Literaturliste der besprochenen Bücher der SRF Kutlur Sendung "Kultur Kompakt"
Empehlungen vom 23. Februar bis 09. März 2025
Erhalten Sie einen Überblick über die aktuellen Bücher, die derzeit in der Sendung disktuiert werden. Regelmässig präsentiert die Sendung "Kultur Kompakt" Bücher mit den wichtisgsten Themen und Ereignissen aus Kultur, Gesellschaft und Wissenschaft. Hier finden Sie die vollständige Bücherliste der aktuellen Literaturempfehlungen.